Wie kann man als Paar eine Affäre überwinden?
Die Situation ist wie folgt: Die Affäre ist ans Licht gekommen und nun beendet. Ihr habt Euch an einen Tisch gesetzt und versucht, zu erklären, wie das passieren konnte. Ihr hattet gute und offene Gespräche und seid Euch wieder ein bisschen näher gekommen. Ihr habt Euch entschieden, Eurer Beziehung eine zweite Chance zu geben.
Doch so einfach ist es nicht.
Auf der einen Seite sind die Emotionen der/des Betrogenen – verletzt, traurig, gedemütigt – auf der anderen Seite die der/des Betrügerin/s – beschämt, reumütig, von sich selbst enttäuscht. Eine Affäre braucht Zeit zu heilen. Dies kann sich über mehrere Monate hinziehen.
Gegenseitiges Vertrauen wieder zu erlangen, ist dabei ein zentrales Thema.
Ich spreche dabei gerne vom Dreieck des Vertrauens.
Der linke Pfeiler ist die aufrichtige Reue und Entschuldigung des Fremdgehenden bei der/dem Betrogenen.
Der rechte Pfeiler beschreibt den konsequenten Umgang miteinander: Sagen, was man tut. Tun, was man sagt. Transparenz und Zuverlässigkeit sind in dieser Phase sehr wirksam, um Vertrauen wieder aufzubauen.
Den Gipfel des Dreiecks bildet das Ritual der Wiedergutmachung (Siehe dazu Punkt 6 nachfolgend).
Es kann helfen, sich therapeutisch unterstützen zu lassen. Das Ende einer Affäre ist in der Regel der Beginn einer neuen Beziehung zueinander, das heißt, die alte Beziehung endet hier und das Paar gestaltet ein neues Bündnis, eine Art neuen Beziehungsvertrag.
In meiner Praxis für Paartherapie begleite ich durch einen 6-Schritte-Prozess, der je nach Paar und Situation unterschiedlich lange dauert:
Schritt 1: Emotionale Entlastung/Verstehen & Verständnis: Gegenseitig die Gefühle und Sichtweisen vermitteln, verstehen, nachvollziehen und respektieren können.
Schritt 2: Erkennen von negativen Gedanken: Negative Gedanken und Überzeugungen können das Vergeben bzw. das sich selbst Vergeben als Fremdgehender erschweren. Diese können sein: „Ich kann ihr/ihm nie wieder vertrauen", „Ich werde immer daran denken, was passiert ist" oder „Ich bin nicht gut genug, ich werde immer wieder schwach werden, „Ich habe den anderen gar nicht verdient". Es gilt, diese Gedanken zu identifizieren und zu überwinden. Diese werden von persönlichen Konzepten/Glaubenssätzen genährt, die oft noch aus der Kindheit und Jugend stammen.
Schritt 3: Ermitteln von positiven Gedanken: Positive Gedanken und Überzeugungen entwickeln, die helfen, die Affäre zu verarbeiten und zu integrieren. Diese können sein: „Wir können daran arbeiten, wieder Vertrauen aufzubauen", "Wir sind stark genug, es hinter uns zu lassen und ebenbürtige Partner zu sein", „Wenn ich nicht loslasse, vergebe ich mir viel mehr. Vergebung löst auch meine Verbitterung".
Schritt 4: Entwickeln von Vergebungsfähigkeit: Verstehen, was Vergebung bedeutet und wie sie hilft, die Beziehung wieder aufzubauen.
Vergebung bedeutet nicht, dass man das Verhalten des anderen akzeptiert oder vergisst, sondern dass man sich entscheidet, den Groll loszulassen und weiterzumachen.
Schritt 5: Einführen von Kommunikationstechniken: Effektive Kommunikation lernen, um Bedürfnisse und Gefühle besser auszudrücken. Dies hilft, das Vertrauen in die Beziehung wieder aufzubauen. Gemeinsam konkrete Schritte formulieren, um wieder Nähe und Verbindung aufzubauen. Freudvolle Aktivitäten zusammen unternehmen, dem Versöhnungswunsch nachspüren und ihn ausdrücken.
Schritt 6: Versöhnung als Ritual am Endes Prozesses: Person 1 drückt ihre tiefe Reue aus und bittet um Vergebung. Person 2 nimmt Reue und Entschuldigung an und versichert, dass sie das Thema künftig nicht mehr „als Waffe" oder Vorwurf in Beziehung thematisieren wird. P2 kann sich eine Wiedergutmachung wünschen (irgendetwas Schönes/Romantisches - nochmal Ja-Sagen etc.). P1 versichert ihr, dass sie die Wiedergutmachung erfüllen wird. Ich verwende hierfür eine Vorlage von Paartherapeut Hans Jellouschek.